Brückepreis

Internationaler Brückepreis geht an:

2001 - Kardinal Miloslav Vlk

Erzbischof von Prag
(1932 - 2017)

Kardinal Miloslav Vlk

Kardinal Miloslav Vlk erhält Internationalen Brückepreis 2001 der Europastadt Görlitz/ Zgorzelec.

Sein Lebensweg reflektiert die konfliktreiche Entwicklung Europas im vergangenen Jahrhundert. Kardinal Vlk tritt für Völkerverständigung und partnerschaftliches Miteinander der Menschen auf der Basis des christlichen Glaubens ein.



Lebenslauf

1932 Miloslav Vlk wird im tschechischen Lisnice-Sepekov geboren.

1968 Er erhält die Priesterweihe und arbeitet danach als Sekretär des Bischofs von Budweis.

1972 Aus politischen Gründen wird Miloslav Vlk in die kleinen Pfarreien im Böhmerwald strafversetzt.

1978 Der staatlichen Behörden verhängen ein Berufsverbot für den Priester. Vlk verdient sein Geld in Prag als Fensterputzer. In dieser Zeit predigt er in einer Prager Untergrundkirche.

1986 Miloslav Vlk darf wieder als Pfarrer tätig sein.

1989 In einem Versöhnungsbrief an die aus ihrer Heimat vertriebenen katholischen "Böhmerwälder" bezeichnet der Pfarrer die Vertreibung der Sudetendeutschen als "zutiefst unmoralische Tat".

1990 Er wird zum Bischof von Budweis ernannt.

1991 Es folgt die Ernennung zum Erzbischof von Prag. Drei Jahre später ist Vlk Kardinal.

1999 Kardinal Vlk erhält das Verdienskreuz der Bundesrepublik. Altbundespräsident Roman Herzog würdigt ihn als einen "Baumeister der Brücke der Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen und zugleich einer der wichtigsten Pfeiler dieser Brücke."

2001 Der sechste Brückepreis wird Miloslav Vlk verliehen. Die Laudatio auf den Preisträger hält Dr. Joachim Gauck, langjähriger Bundesbeauftragter für Stasi-Unterlagen.


Begründung
für die Verleihung an Seine Eminenz Miloslav Kardinal Vlk, den Erzbischof von Prag

Miloslav Vlk ist ein Europäer, dessen Lebensweg die konfliktreiche Entwicklung Europas im letzten Jahrhundert des 2. Jahrtausends reflektiert.

Er wurde in Lisnice-Sepekov geboren und wuchs unter einfachen Vefhältnissen auf. Schon früh stellte sich bei ihm der Wunsch ein, das Priesteramt zu bekleiden. Er wurde Seminarist. Als jedoch 1952 die Seminare auf politischen Druck geschlossen wurden, absolvierte er ein Studium und wurde Leitender Bibliothekar in Budweis. 1968 gab er diesen Beruf auf, beendete sein Priesterseminar und empfing die Priesterweihe. Anschließend arbeitete er als Sekretär des Bischofs von Budweis. Aus politischen Gründen wurde er 1972 in eine kleine Pfarrei im Böhmerwald strafversetzt und 1978 durch die staatlichen Behörden mit Berufsverbot belegt. Bis 1986 war er als Fensterputzer tätig und arbeitete, immer gefährdet, verraten und inhaftiert zu werden, als Priester in der Untergrundkirche. Erst 1986 konnte er seinen Priesterberuf wieder offen ausüben. 1990 wurde er Bischof von Budweis, l99I Erzbischof von Prag und 1994 Kardinal. Von 1993 bis 2000 war er Vorsitzender der Tschechischen Bischofskonferenz und von 1993 bis 2001 Vorsitzender der Europäischen Bischofskonferenz.

Trotz des persönlich erlittenen Unrechts war und ist Kardinal Vlk ein Mann, der Brücken zwischen den politischen, religiösen und sozialen Gruppierungen und Strömungen in der ehemaligen Tschechoslowakei, aber auch zwischen den Völkem in Europa bauen will und - als Voraussetzung für das konfliktfreie Miteinander der Menschen - Vergebung im christlichen Sinne von allen Seiten einfordert und übt. Er sprach sich ftir einen historischen Neuanfang ohne Abrechnungsgedanken und ein Aufeinanderzugehen von ehemaligen Kommunisten und Nichtkommunisten in seinem Land aus, rief Christen und Nichtchristen in ganz Europa zu einem menschlichen Miteinander auf und trat fi.ir die Überbrückung der Kluft zwischen Protestanten und Katholiken ein. Im Herbst 1989 verurteilte er in einem "Versöhnunssbrief'an "die aus ihrer Heimat verhiebenen katholischen Böhmerwälder" die Vertreibune der Sudetendeutschen als ,,zutiefst unmoralische Tat".

Am Ende eines Jahrhunderts, in dem es in Europa zwischen Menschen verschiedener Völker, und in jüngster Vergangenheit auch zwischen Bi.irgern einer Nation und in einer Region, immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen ist und Gewalt eskaliert und ethnische und politische Ressentiments und Interessen über Menschlichkeit gestellt wurden und werden, fordert er Versöhnung und Verantwortung fi.ir das menschlich-kulturelle Erbe in Europa und ein partnerschaftliches Miteinander auf der Basis seines christlichen Glaubens und der abendländischen Kultur und ihrer Emrngenschaften.

Für diese Leistungen und das Eintreten ft.ir Vrilkerverständigung erhält Miloslav Kardinal Vlk den Internationalen Brückepreis der Europastadt Görlitz I Zgorzelec im Jahre 2001.

Görlitz, im Frühjahr 2001


Prof. Dr. Willi Xylander
Präsident der Gesellschaft ftir das Jahr 2001
©Gesellschaft zur Verleihung des Internationalen Brückepreises der Europastadt Görlitz/Zgorzelec