brückepreis

Prof. Dr. Dieter Bingen hat sein Wirken seit den 1980er Jahren dem deutschpolnischen Verständigungsprozess und der Versöhnung beider Völker gewidmet -getrieben von der Suche nach Gerechtigkeit und gegenseitiger Achtung.

Er leitete seit 1999 das Darmstädter Deutsche Polen-Institut und erweiterte dessen Aufgaben in den folgenden 20 Jahren konsequent und erfolgreich um öffentlichpräsente politische und gesellschaftliche Diskurse. Er nutzte seine Möglichkeiten zur Förderung einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit und Weiterentwicklung des engen Austauschs in Politik, Wissenschaft, Kultur, Literatur und Bildung zwischen
Polen und Deutschen, aber auch mit anderen europäischen Nachbarn – vor allem der Ukraine. Dieter Bingen ist ein international anerkannter Wissenschaftler, geschätzter Experte und Berater in zahlreichen Gremien. Es gibt kaum Facetten des deutsch-polnischen Verständigungsprozesses, die nicht mit seinem Namen verbunden sind. Seit den 1980er Jahren waren seine Expertise und Einschätzungen auch in Regierungskreisen in Bonn und später in Berlin gefragt.

Dieter Bingen entdeckte seine Liebe für Polen und für die Polen bereits als Gymnasiast und suchte seitdem nach Wegen der Versöhnung zwischen beiden Völkern. Sein Blick über Grenzen hinweg, mentalen wie physischen, wurde geschärft durch das familiäre Erbe und die tragischen Erfahrungen mit der totalitären Gewalt der NS-Diktatur.

Er setzte sich für die Bewahrung der Erinnerung ein und gegen Verdrängen und Vergessen. Gemeinsam mit seinem polnischen Kollegen Dr. Kazimierz Wóycicki initiierte er 2000 den deutsch-polnischen Gesprächskreis „Kopernikus-Gruppe“, einen Zusammenschluss von Journalisten, Wissenschaftlern und anderen Persönlichkeiten aus beiden Ländern, denen das bilaterale Verhältnis am Herzen liegt. Dabei war es ihm stets ein besonderes Anliegen, „Polen seinen gebührenden Platz im Bewusstsein der Deutschen zu geben: als Nachbar, auf den man neugierig ist“.

Dieter Bingen wirbt unverdrossen und streitbar für die Errichtung eines Gedenkorts in Berlin, ein „Polendenkmal“. Als am 1. September 2019 kein offizielles Gedenken zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen in Berlin geplant war, rief er die Zivilgesellschaft auf, ein Zeichen zu setzen. Hunderte kamen an die Ruine des Anhalter Bahnhofs, um gemeinsam innezuhalten.

Für seinen Brückenbau und seinen Einsatz für die deutsch-polnische Verständigung, eine „Sisyphusarbeit“ (so Christoph von Marschall), wurde Dieter Bingen mit höchsten polnischen und deutschen Auszeichnungen geehrt. 2023 ehren ihn die Bürger der Europastadt Görlitz/Zgorzelec mit der Verleihung des Internationalen Brückepreises.

Görlitz/Zgorzelec, den 19.07.2023

Prof. Dr. Willi Xylander
Präsident der Gesellschaft für das Jahr 2023